Der Weg ins Jazzstudium

Der Weg ins Jazzstudium
Ich bin Elina und ganz neu im Jazz Palace dabei. Ich bin für viele Teile der Redaktion zuständig und freue mich darüber, dass wir einen Ort schaffen, an dem wir uns austauschen und vernetzen können!
Es werden öfter mal Artikel und Reportagen kommen, und hier möchte ich starten und als Erstes einen kleinen Einblick geben, wie man eigentlich Gesang studieren und der Weg dorthin aussehen kann:
Ich bin 22 Jahre alt, habe mit fünf Jahren angefangen klassisches Klavier zu spielen und mit 15 kam der Gesang dazu. Meine Familie ist ziemlich musikalisch und Zuhause wurde ich von klein auf in meinen kreativen Prozessen ermutigt - so war der Gedanke, diese zum Beruf zu machen, kein Abwegiger. Dem Gesang einherging das Songwriting und die eigene Musik stand von vornherein im Mittelpunkt. Ziemlich schnell kamen Auftritte in z.B. einer Jazz Big Band oder mit erster eigener Band dazu, trotzdem hat es einige Zeit gedauert von mir selbst zu sagen: Ich bin schon Musikerin.
Das Eingeständnis brauchte es bei mir aber, um mich voll und ganz auf den Weg vor mir zu stürzen und den Mut aufzubringen, mich mit der Musik, in der ich so aufgehe, zu professionalisieren. Seitdem jedoch, ging alles relativ schnell: Der Entschluss zu studieren, alles auf eine Karte zu setzen, in eine neue Stadt zu ziehen und die kommenden Jahre mit dem Lernen zu verbringen. Ich habe zwei Jahre lang eine studienvorbereitende Ausbildung in Leipzig gemacht und dieses Jahr an fünf Hochschulen für Jazz/Rock/Pop Gesang vorgesungen. Nun werde ich in Dresden anfangen zu studieren. Dass ich, wenn ich das, was ich so liebe, studieren will, einen so intensiven Weg vor mir habe, hätte ich anfangs nicht gedacht!
Um Musik, Kunst oder Schauspiel zu studieren braucht es mehr als ein gutes Abitur. Erforderlich sind jahrelange künstlerische Vorbildung, finanzielle Mittel und definitiv eine Portion Glück, genauso wie Durchhaltevermögen für den Prüfungsmarathon.
In Deutschland bieten ungefähr 18 staatliche Hochschulen ein Jazz-Gesangsstudium an und pro Bewerbungsrunde werden im Schnitt ein bis fünf Plätze vergeben. Um zu einer Aufnahmeprüfung eingeladen zu werden, durchlaufen die Bewerbenden meist eine Video-Vorrunde und erhalten, wenn es gut läuft, eine Einladung zu den Live-Prüfungen. Diese werden entweder auf mehrere Tage aufgeteilt, oder alle an einem sehr langen Prüfungstag absolviert. Abgefragt werden dort Musiktheorie, Gehörbildung, Klavier als Nebenfach und das Hauptfach Gesang. Die Prüfungen zu bestehen ist ohne musikalische Vorbildung zwar möglich, aber ein doch längerer Weg - der oft extra Bewerbungsjahre erfordert - als für diejenigen, die bereits auf einem Musikgymnasium lernten oder privaten Unterricht seit jungen Jahren genossen haben.
Für fast alle jedoch ist eine studienvorbereitende Ausbildung (StuVo) sinnvoll, um den genauen Inhalten und Anforderungen der Hochschule gerecht zu werden. Das StuVo Programm wird von Musikschulen in den meisten grösseren Städten angeboten, in Berlin zum Beispiel oder Leipzig, und umfasst ein bis zwei Jahre intensiver Unterrichte. Selbst dafür gibt es eine Aufnahmeprüfung, denn die Lehrenden wollen wissen, wen sie in ein bis zwei Jahren so ausbilden können, dass sie die Chance haben, an der Hochschule zu bestehen. Für den Gesang würde ich sagen, war ein gutes Gehör (Intonation) nötig, Rhythmusgefühl, eine ausbildungsfähige, gesunde Stimme und ein Ansatz von Jazzkenntis. Das bedeutet, die Singenden haben schonmal einen Jazzstandard gesungen und soliert und können mit der Band interagieren und sie in der Prüfung einzählen. Wer einmal in der StuVo drin ist, bekommt umfangreichen Unterricht von etabliertem Jazz und Pop Musikerinnen. In Leipzig gibt es Ensemble-, Listening und Jazzgeschichte, Vokalensemble-, Rhythmik-, Theorie- und Gehörbildungsunterrichte. Oft hörte ich, die StuVo sei bereits wie eine eigene Ausbildung, nur leider nicht mit offiziellem Abschluss, sondern - wenn es gut läuft - der Eintrittskarte ins Musikstudium.
Meine persönliche StuVo Zeit war geprägt von tollem Input und enger Zusammenarbeit. Die Unterrichtenden an der neuen Musikschule in Leipzig nehmen ihre Lehraufträge sehr ernst und begleiten einen gut durch die Vorbereitungs- und Prüfungszeit. So aufregend wie es ist, in mindestens fünf verschiedene Städte zu fahren, vor fremden Prüfer:innen unter Druck 15-20 Minuten Zeit zu haben um das vorbereitete Programm vorzusingen und alles Erlernte auf Abruf zu zeigen, so wichtig ist es, ein starkes Rückgrat zu haben und Menschen, die aus eigener Erfahrung genau wissen wie das ist.
Ich würde sagen, es ist schon so, dass man bei Studiumsbeginn bereits Musiker:in ist, nicht erst wird. Das Studium soll dann die Form bringen, oder den Werkzeugkasten, die Stimme und musikalisches Wissen zu professionalisieren, die eigene künstlerische Identität zu finden und dann herauszufinden, wie man sich im Berufsleben aufstellen möchte.
Die Zusagen der Hochschulen kommen zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Manchmal weiß man am Tag selbst schon, dass es nicht geklappt hat - oder die Professor:innen sind so begeistert, dass sie noch in der Prüfung einen Studienplatz anbieten bzw. am Folgetag persönlich anrufen. Im Normalfall wird aber zwei Wochen gewartet bis die Plätze verkündet werden und manche Bewerber:innen kommen auf eine Warteliste, um mit etwas Glück einen Nachrückplatz zu erhalten. Das ist ein ziemliches Auf und Ab, denn die Bedingungen sind oft willkürlich. Es kommt sogar vor, dass jemand angenommen wird und alles als Erste:r besteht, dann aber nicht genug Kapazität vorhanden ist, um einen Studienplatz zu vergeben.
Aus meinem StuVo Jahrgang fangen wir in den verschiedensten Städten an zu studieren. Leipzig, Bern, Nürnberg, Weimar … und eben Dresden. Die Bewerbungsmonate von Januar bis Juni waren eine große Herausforderung und ich glaube, wir alle kamen an unsere Grenzen.
Dennoch haben uns diese Erfahrungen sehr zusammengeschweißt und wir haben es letztendlich alle geschafft. Nun dürfen wir ins Jazzstudium starten und uns von verschiedenen Standpunkten (sogar Ländern) aus berichten und unterstützen.
Ganz gespannt blicke ich aufs Studium und freue mich auf alles, was auf uns zukommt!